aspekt_04_2024
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WIRTSCHAFT
IM OSTEN
WIRTSCHAFTSMAGAZIN
AUS UND ÜBER
SACHSEN-ANHALT
04 · 2024
04
2024 € 3,50
ISSN 2190–4464
Die Genossenschaft
Wirtschaftsform der Zukunft?
2
04/2024
BILDNACHRICHT
Kaiserlicher Brückenschlag über die Elbe
Die Landeshauptstadt Magdeburg hat
die neue Kaiser-Otto-Brücke ihrer Be-
stimmung übergeben. Nach rund vier
Jahren Bauzeit wurde die markante
Pylonbrücke im Beisein vieler Magde-
burger durch die Oberbürgermeisterin
Simone Borris feierlich eröfnet. Da-
mit steht der komplette Ersatzneubau
Strombrückenzug künfig nicht nur
Straßenbahnen, sondern auch dem
Autoverkehr, Radfahrern und Fuß-
gänger als moderne, zuverlässige und
hochwassersichere Elbquerung zur
Verfügung.
„Der Pylon ragt herrschaflich in die
Stadtsilhouette von Magdeburg hinein.
Den würdigen Namen für das Bauwerk
haben die Magdeburgerinnen und Mag-
deburger mitentschieden und damit
gezeigt, dass Kaiser Otto und sein Wir-
ken in Europa entschieden zur Identi-
tät unserer Stadtgesellschaf gehören.“
Somit durfen ‚Kaiser Otto‘ und ‚Kö-
nigin Editha‘ in einer Kutsche als Erste
über die neue Brücke fahren.
Die Eröfnung der Kaiser-Otto-Brü-
cke als Teil des Ersatzneubaus für den
Strombrückenzug ist eines der größ-
ten Magdeburger Infrastrukturprojekte
der vergangenen Jahrzehnte. Zu dem
Brückenzug gehören die Kaiser-Otto-
Brücke über die Alte Elbe, die Königin-
Editha-Brücke über die Zollelbe und die
Neue Strombrücke über die Stromelbe.
■ etwa 250 Meter lang
■ cirka 28 Meter breit
■ 63 Meter hohe Pylonen
■ 28 Litzenbündelseile
mit insgesamt etwa
2,5 Kilometer Seillänge
■ Länge der Einzellitzen:
213 Kilometer
■ Gesamtgewicht des Stahl-
überbaus: rund 3200 Tonnen
Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone
Borris eröfnete die Brücke zusammen mit
Ministerpräsident Rainer Haselof unter
kaiserlichen und königlichen Blicken.
Kaiser Otto und Königin Editha überqueren
als erste mit der Kutsche die Brücken.
Noch herrscht Ruhe auf der gerade
fertiggestellten Kaiser-Otto-Brücke.
KAISER-OTTO-BRÜCKE
ZAHLEN UND FAKTEN
Fotos (3): Stadt Magdeburg
04/2024
3
EDITORIAL
Spricht man von den Vorteilen der
Wirtschafsform Genossenschaf, dann
bekommt man schnell einen prüfenden
Seitenblick: „Meint der das ernst?“ Ir-
gendwie scheint schon das Wort aus der
Zeit gefallen zu sein. Meist gibt es auch
kaum Kenntnisse darüber, wie eine sol-
che Unternehmung funktioniert.
Warum ist das so, haben wir uns gefragt
und auf die Suche nach Ursachen ge-
macht, uns in Genossenschafen ganz
unterschiedlicher Art und Branchen
umgehört und sind auf erstaunliche Tat-
sachen gestoßen.
Nur mal ein paar Zahlen. Allein in
Deutschland gibt es rund 7800 Genos-
senschafen. Die Zahlen diferieren hier
und da, weil es unterschiedliche Zähl-
weisen gibt, ob das nun eine Genossen-
schaf oder ein Verein sei. Aber 7800, das
ist einigermaßen sicher. Die haben 22,5
Millionen Mitglieder, rund eine Millio-
nen Menschen arbeiten direkt in einer
Genossenschaf.
Diese Wirtschafsform ist damit die
stärkste wirtschafliche Kraf in Deutsch-
land. Das ist den meisten außerhalb einer
solchen Gemeinschaf kaum bewusst.
Vielen bekannt sind vor allem Woh-
nungsgenossenschafen und die Volks-
banken. Von letzteren arbeiten 772 in
Deutschland mit 136 000 Angestellten.
Wer hätte das gedacht?
Noch deutlicher wird es bei den Woh-
nungsgenossenschafen. Davon gibt es
in unseren Landen 1970 mit fast drei
Millionen Mitgliedern und 24 000 Be-
schäfigten.
Wohnungsgenossenschafen verwalten
2,2 Millionen Wohnungen. Und noch
erfreulicher: Nach Hamburg und Sach-
sen ist Sachsen-Anhalt das Land mit
dem prozentual höchsten Anteil an ge-
nossenschaflichen Wohnungen in der
Republik.
Diese Wohnungen sind begehrt, bieten
ihren Mietern eine Menge Vorteile. Wir
haben uns bei der größten Wohnungs-
genossenschaf in unserem Bundesland
genauer umgesehen und waren baf vor
Staunen, was eine solche Gemeinschaf
aus Eigentümern und Nutzern so auf die
Beine stellen kann.
Genossenschafen wurden vor fast 200
Jahren aus der Not geboren. Doch auch
in guten Zeiten blühen und gedeihen sie.
Warum? Weil Nachhaltigkeit statt Pro-
ftstreben, urdemokratische Mitbestim-
mung aller Mitglieder, die gleichzeitig
Eigentümer sind, und das Interesse an
der Gemeinschaf dem Menschen und
der Gesellschaf guttun. Ganz einfach.
Die Genossenschaf ist die Wirtschafs-
form der Zukunf. Sie bietet alle Mög-
lichkeiten, die Welt nicht zu überfordern
und trotzdem ein angenehmes Leben zu
garantieren. Und die Genossenschafen
sind ein bewährtes wirtschafliches Mo-
dell für praktisch alle Bereiche des Le-
bens seit fast 200 Jahren. Grund genug,
einmal intensiv darüber nachzudenken.
Wir haben es getan, und das Ergebnis ist,
wenn gewünscht, auf den nächsten Sei-
ten zu fnden.
Viel Spaß beim Lesen wünscht …
Rolf-Dietmar Schmidt
Chefredakteur und Herausgeber
Aboservice:
Tel. 0391 25 85 75 11
abo@aspekt-magazin.de
Redaktion:
Tel. 0391 25 85 75 11
redaktion@aspekt-magazin.de
ist eine Publikation
des Herausgebers
Rolf-Dietmar Schmidt
Rolf-Dietmar Schmidt
Chefredakteur und Herausgeber
200 Jahre altes Zukunftsmodell
4
04/2024
INHALT
08
Telemann-Preis
2024
06
23
10
Foto des
Monats
Straßenbau in
Sachsen-Anhalt
Deutschlands
erste Genossenschaft
09
Legendäre
Ruderer
04/2024
5
Konstantin
Wecker
38
36
40
Gesundheits-
mythen
Wagners
Geist
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Leserbriefe/Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . 6
Kolumne: Es geschieht, was geschieht . . . . 7
SACHSEN-ANHALT AKTUELL
Gagarin-Gedenkstein . . . . . . . . . . . . . . . 8
„Grand Tour“ – Tanz im Kunstmuseum . . . . . 8
Legendäre Ruderer auf
dem „Walk of Fame“ . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Wahlen leicht erklärt. . . . . . . . . . . . . . . . 9
Hasenschafe im Elbauenpark . . . . . . . . . . 9
TITELTHEMA
Vom Vorschussverein zur
stärksten Wirtschaftsorganisation . . . . . . . 10
Interview: Die Gemeinschaft
schaft die Stärke . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Interview: Eine große Gemeinschaft
für Jung und Alt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Politik: Deutsche Interessen
in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
WIRTSCHAFT
Regionalmanager vor Ort . . . . . . . . . . . . 18
6000 Kilometer digital im Blick . . . . . . . . 20
B6n wird bis A9 ausgebaut . . . . . . . . . . 20
3,7 Milliarden Investstau
in Sachsen-Anhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
AGENTUR FÜR ARBEIT
Gesucht und gefunden . . . . . . . . . . . . . . 19
Die Börde braucht Dich! . . . . . . . . . . . . . 19
Wir suchen ... Dich . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
WISSENSCHAFT
Pflanzen mit Strom füttern . . . . . . . . . . . 22
NATUR UND UMWELT
Talsperre Kelbra – Zentrum für
Naturerlebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
HARTE FAKTEN
Gluthitze und Trockenheit . . . . . . . . . . . 26
ENERGIE
Wärempumpen für Gewerbe und Industrie . 28
Dessau-Roßlau mit europäischem
Energie-Award geehrt . . . . . . . . . . . . . 29
LENA-Tipp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
WISSENSCHAFT
Sechs Bundesländer gründen
Wasserstof-Netzwerk . . . . . . . . . . . . . 30
Status eines überregionalen
Stromanbieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
GLASFASERKAMPAGNE SACHSEN-ANHALT
Ausbau vorantreiben . . . . . . . . . . . . . . 32
GESUNDHEIT
Alarmanlage in der Niere . . . . . . . . . . . . 34
Mikro-Ultraschall für Prostata . . . . . . . . . 35
Gesundheitsmythen . . . . . . . . . . . . . . . 36
Fleischverzicht bei Jüngeren . . . . . . . . . 37
Überlastung von Muskel und Sehne . . . . . 37
GANZSEITENFOTO
Gluthitze und Trockenheit. . . . . . . . . . . . 26
Konstantin Wecker im Konzert . . . . . . . . 38
Borgia-Ballett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
KULTUR
Einmischen und Nein sagen . . . . . . . . . . 38
Weißes Ross und Wagners Geist . . . . . . . 42
VERGESSENES WISSEN
Prinz Eduard von Anhalt . . . . . . . . . . . . 44
IMPRESSUM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
ASPEKT-VORSCHAU . . . . . . . . . . . . . . 46
Ausgabe 04/2024
Die Genossenschaft –
Wirtschaftsform der Zukunft?
6
04/2024
aspekt, März 2024, Seite 2
Wo Elbe und Tanger zusammenfließen
Wir kommen bestimmt
Toll, dass Ihr Euch mal auf den Weg nach
Tangermünde gemacht habt, denn in unserem
schönen Städtchen gibt es unheimlich viel zu
sehen. Nicht nur sehr schöne alte Häuser und
Hochwasser vor dem Schloss und der Stadt-
mauer. Meldet Euch beim nächsten Mal vorher
an, dann zeige ich Euch noch viel mehr.
Konrad Fischer, Tangermünde
aspekt, März 2024, Seite 10
Der Mensch bleibt wichtigster
Wirtschaftsfaktor
Undenkbar undankbar
Der Mensch ist ein wichtiger Wirtschafts-
faktor, das ist unbestreitbar. Was mir fehlt
ist, dass der Mensch auch ein Kostenfaktor
ist. Und das nicht nur in seiner aktiven Zeit,
also während des Berufslebens, sondern
vor allem auch danach, als Rentner. Beinahe
täglich lese ich, dass in absehbarer Zeit
ein Berufstätiger einen Rentner ernähren
muss. Was für ein Blödsinn. Jeder produktiv
arbeitende Mensch erwirtschaftet dank mo-
derner Technik ein Vielfaches an Mehrwert,
als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Wie
wäre es, wenn die Produktivitätssteigerung,
die zu höherem Gewinn führt, anteilig an die
Sozialkassen abgeführt würde? Das würde
die Kassen füllen, Arbeitende und Rentner
nicht belasten, aber natürlich die Dividende
schmälern. Das geht natürlich nicht …
Prof. Siegbert Weinrich, Berlin
aspekt, März 2024, Seite 16
Ein Mann der Tat und auch der Worte
Veränderung statt
Einschränkung
Mich bewegt schon lange der Gedanke, dass
mit dem Ressourcenverbrauch insbeson-
LESERBRIEFE / VERMISCHTES
Leserbriefe
dere der entwickelten Industrieländer der
Zeitpunkt kommen muss, an dem es so nicht
weitergehen kann, weil einfach nichts mehr
da ist. Da kommt die Kreislaufwirtschaft
ins Spiel. Das Beispiel von Novo-Tech in
Aschersleben ist beeindruckend, aber trotz-
dem bin ich skeptisch, wenn es heißt, dass
Überfluss und sinnvoller Ressourcen(ge)
brauch, nicht Verbrauch, ohne Einschränkun-
gen unserer Lebensart möglich ist. Viel-
leicht ist Einschränkung das falsche Wort,
vielleicht ist Veränderung besser. Aber die
Art und Weise, wie wir derzeit leben, die ist
nicht aufrechtzuerhalten.
Nils Brommeir, Magdeburg
Der vernünftige Mensch
Das klingt alles super, schlau und durch-
dacht. Nur eines ist nicht berücksichtigt,
dass der Mensch nicht vernünftig ist. So
lange an vielen Stellen der Welt Rake-
ten und Drohnen explodieren, Häuser in
Flammen aufgehen, Menschen sterben,
einfach so. Da soll ich an CO2, an Klima, an
Ressourcenschonung denken? Was ist mit
den Ressourcen, die ein Krieg verschlingt?
Und ausgerechnet die Grünen rufen dann
kriegsbesoffen: Mehr, mehr Waffen. Und ich
soll weniger Verbrenner-Auto fahren? Da
kann ich nur lachen.
Autor möchte anonym bleiben
„Kreativ(o)stern“ nannte Irina Pluglowa ihr Foto, das gleichzeitig ein Gruß an ihre
Landsleute sein soll, die Ostern allerdings erst am 5. Mai feiern.
FOTO DES MONATS
04/2024
7
KOLUMNE
Es ist schon erstaunlich, was man
so alles studieren kann. In Großbri-
tannien, an einer renommierten Uni-
versität, deren Namen ich zufällig
vergessen habe, gibt es das Studien-
fach Zufall. Hätte ich dort den Vorle-
sungen aufmerksam gelauscht, dann
wüsste ich vermutlich heute noch, wie
diese Lehranstalt in dem historischen
Gemäuer hieß oder heißt.
Aber ich habe dort nicht studiert,
sondern lediglich darüber gelesen. Und
dabei ist mir zufällig der Kernsatz des
Professors auf dem beiliegenden Foto,
auf dem er wie in einem historischen
Film aussieht, eingefallen. An dieses
Credo von ihm kann ich mich zufällig
erinnern. Es lautete sinngemäß, dass
es eigentlich gar keine Zufälle gebe,
sondern lediglich die fehlende Er-
kenntnis der Mechanismen, wie es zu
angeblichen Zufällen kommt.
Über diesen Satz habe ich lange nach-
gedacht und glaube inzwischen, ihn
vielleicht auch verstanden zu haben.
Mit anderen Worten, so vermute ich,
meint er: Es geschieht, was geschieht.
Wir haben keinen Einfuss darauf, was
geschieht. Und hätten wir einen Ein-
fuss darauf, dann wüssten wir, warum
geschieht, was gerade geschieht. Da-
mit hätten wir den Mechanismus des
Geschehens erkannt, und es wäre kein
Zufall mehr. Fazit: Zufälle gibt es nicht,
sondern nur Unkenntnis.
Da kann ich ohne Bedenken zu-
stimmen, denn Unkenntnis auf allen
möglichen Gebieten, die begegnet uns
allerorten. Mal trägt sie das relativ har-
mose Kleid des Nichtwissens, mal den
schwarzen Anzug der Dummheit. Und
die ist laut Albert Einstein im Gegen-
satz zum Universum unendlich. Aber
das ist ein anderes Tema.
Der
Professor
untermauerte
sei-
ne Tese dann auch gleich mit einem
Beispiel. Angeblich sei der chaotische
Prozess der Atomkernspaltung, wenn
einmal ausgelöst, völlig zufällig. Also,
es sei nicht exakt vorhersehbar, welcher
schwere Atomkern in zwei kleinere
Atomkerne zerlegt und welche Neut-
ronen wie Energie freisetzen würden.
Das leuchtet ein. Und da man das nicht
genau weiß, ist es viel besser die Finger
davon zu lassen, meint der Zufallspro-
fessor.
Außerdem geht er davon aus, dass
alle großen Entdeckungen von Wissen-
schaflern Zufall seien, weil sie vor der
Entdeckung ja noch nicht wüßten, wie
das funktioniert, was sie dann entdeck-
ten. Logisch, oder?
Aber es wird noch schlimmer: Weil
dieser Professor rein zufällig zum Te-
ma Zufall forscht, also zu etwas, was es
nur gibt, weil man nicht weiß, was es
genau ist, besteht sein Forschungsge-
genstand Zufall auch nur aus Unkennt-
nis. Mit anderen Worten weiß er gar
nicht, was er tut, und warum er es tut.
Spätestens an dieser Stelle sind die
meisten aus dem Tema raus. Und zwar
nicht zufällig, sondern weil sie genau
wissen, dass ihnen der Schädel brummt.
Um das zu beenden, kann man das
Gesagte in einem Satz zusammenfas-
sen. Zufälle gibt es nicht, sondern nur
Nichtwissen. Da fragt man sich nur,
woher das alles der Professor weiß?
Vermutlich reiner Zufall.
Es geschieht, was geschieht
8
04/2024
SACHSEN-ANHALT AKTUELL
Der renommierte Interpret Professor
Dr. Barthold Kuijken (Belgien) wurde
mit dem Georg-Philipp-Telemann-
Preis der Landeshauptstadt Magde-
burg geehrt und trug sich aus diesem
Anlass auch in das Goldene Buch der
Stadt ein.
Die Landeshauptstadt Magdeburg wür-
digt mit der Verleihung des Georg-
Philipp-Telemann-Preis die exzellente,
breit angelegte und nachhaltig wirksa-
me Auseinandersetzung von Barthold
Kuijken mit der Musik des 18. Jahrhun-
derts und insbesondere mit dem Werk
Georg Philipp Telemanns (1681–1767).
Als herausragender und weltweit ge-
schätzter Travers- und Blockfötist,
Lehrer, Wissenschafler und Dirigent
hat er die Beschäfigung mit histori-
schen Flöten sowie die historisch infor-
mierte Muszierpraxis in den letzten 50
Jahren maßgeblich beeinfusst.
Für Barthold Kuijken sind Fragen zur
historischen
Auführungspraxis
der
Musik des 18. Jahrhunderts lebendig
und interessant, weil sie von jeder Ge-
neration neu beantwortet werden. Da-
bei dienen ihm Telemanns Werke und
Äußerungen als eine wichtige Quelle.
Die Landeshauptstadt Magdeburg wür-
digt seit 1987 jährlich hervorragende
Leistungen im Hinblick auf Interpreta-
tion, Pfege und Erforschung von Tele-
manns Leben und Werk mit dem Georg-
Philipp-Telemann-Preis.
2023 wurde der Musikwissenschafler
Dr. Ian Payne (Großbritannien) mit dem
Georg-Philipp-Telemann-Preis
ausge-
zeichnet.
Im Beisein zahlreicher Einwohner des
Magdeburger Stadtteils Reform, unter
ihnen Ehrenbürger Willi Polte, wurde
eine historische Gedenkplatte für Juri
Gagarin ein zweites Mal enthüllt. Die
Platte war in den 1990er Jahren ver-
schwunden und erst im Vorjahr wieder
aufgetaucht. Der Bürgerverein Magde-
burg-Reform hat diese vom Steinmetz-
meister Wingolf Trippler aufarbeiten
lassen und mit einer aktuellen Inschrift
versehen. An Gagarins 90. Geburtstag
wurde die Platte nun an einem Findling
in der Juri-Gagarin-Straße wieder an-
gebracht. Damit setzt der Stadtteil fort,
was die ersten Siedler in den 1930er
Jahren begonnen hatten – die Benen-
nung von Straßen und Einrichtungen
im Stadtteil nach Planeten, Himmels-
körpern und Weltraumpionieren.
Acht Choreografnnen und Choreografen
– acht verschiedene Möglichkeiten, tänze-
risch die Welt der Kunst zu erkunden: So
wie sich seit der Renaissance junge Men-
schen auf die „Grand Tour“ machten, um
in Italien und Griechenland die Meister-
werke der Antike zu studieren, begeben
sich sieben junge Choreografen aus den
Reihen des Balletts Teater Magdeburg
mit ihrem Ballettdirektor Jörg Mannes
in das Kunstmuseum Magdeburg, um
in Auseinanderset-
zung mit der alten
Architektur
und
den neuen Kunst-
werken erste eigene Stücke zu kreieren.
Gemeinsam mit dem Publikum erleben
sie Klosterkirche, Kreuzgang und Aus-
stellungsräume auf ganz neue Weise und
setzen sich mit den Fragen auseinander:
Wie entsteht Kunst? Und wovon lasse ich
mich zu eigener Kreativität inspirieren?
Foto: Telemann-Gesellschaft
Foto: Jahns
Foto: aspekt/Gleich
„Grand Tour“ durch das
Kloster Unser Lieben Frauen
Gedenkstein feierlich enthüllt
Telemann-Preis 2024 verliehen
Annegret Laabs, Direktorin des Kunst-
museums Magdeburg im Kloster Unser
Lieben Frauen, Ballettdirektor Jörg Man-
nes (Mitte) und Federico Zeno Bassanese,
Tänzer und einer der acht Choreografen,
stellen ihre Ideen und Vorstellungen in
einer Pressekonferenz vor.
04/2024
9
Mit einer neuen Medaille auf dem
„Sports Walk of Fame“ auf dem Mag-
deburger Breiten Weg wurden drei
Ruder-Legenden des SC Magdeburg
für ihr sportliches Lebenswerk ge-
ehrt. Auf der Granit-Bronze-Platte
sind die Namen von Harald Jähr-
ling, Friedrich-Wilhelm Ulrich und
Georg Spohr verewigt.
Ihre Namen sind mit herausragenden
Leistungen im Rudersport verbun-
den. Zu den größten Erfolgen gehö-
ren zwei Olympiasiege. Das Mag-
deburger Trio holte 1976 und 1980
Olympia Gold im Ruderzweier mit
Steuermann.
Die Ottostadt Magdeburg und der
Stadtmarketingverein sind die Initia-
toren dieser Sportlerehrung.
Nach dem Vorbild des „Walk of Fame“
von Los Angeles werden seit 2007 he-
rausragende Sportler in Magdeburg
mit in den Bordstein eingelassenen
Granit-Bronze-Platten gewürdigt, auf
denen ihr Name und das Jahr ihres
Erfolges vermerkt sind. Der „Sports
Walk of Fame“ umfasst mit der neuen
Ehrung insgesamt 33 Stationen.
Zu den Kommunalwahlen in Mag-
deburg am 9. Juni erscheint erstmals
die Broschüre “Einfach wählen gehen!
Ihre Stimme zählt!“ in „Leichter Spra-
che“. Herausgegeben wird die Bro-
schüre von der Landeszentrale für po-
litische Bildung Sachsen-Anhalt, der
Landeswahlleiterin des Landes Sach-
sen-Anhalt sowie dem Beaufragten
der Landesregierung für die Belange
der Menschen mit Behinderungen in
Sachsen-Anhalt. „Die Broschüre soll
dazu beitragen, dass alle Menschen in
Sachsen-Anhalt ihr Wahlrecht kennen
und es nutzen. Es ist wichtig, dass alle
Wahlberechtigten einen barrierefreien
Zugang zu Informationen rund um die
Kommunalwahlen erhalten“, betont die
Landeswahlleiterin Christa Dieckmann.
Auf 32 Seiten wird gut verständlich er-
klärt, was für die Kommunalwahlen
wichtig ist, und dass durch die eigene
Stimmabgabe mitbestimmt wird, was
in Städten, Gemeinden, Ortschafen,
Verbandsgemeinden und Landkreisen
passiert.
Foto: Stadt Magdeburg
Foto: aspekt/Gleich
Foto: Messe Magdeburg
Legendäre
Ruderer geehrt
Kommunalwahlen in „Leichter Sprache“
Diese Hasenschafe dürften zu den
Stars auf der bevorstehenden Tier-
messe in Magdeburg zählen. Darüber
hinaus dreht sich alles um Katzen,
Hunde, Meerschweinchen oder Vö-
gel, aber auch Ponys und Pferde am
13. und 14. April jeweils von 10 bis
18 Uhr auf der „TIERWELT“ in den
Messehallen. „Unsere Messe präsen-
tiert bereits zum 13. Mal die ganze
Vielfalt an Produkten und Dienstleis-
tungen rund um das Tierwohl. Ein Hö-
hepunkt ist das spannende Rahmen-
programm, das dieses Mal in allen
drei Messehallen stattfinden wird“,
sagt Theresa Buhrke, Projektleiterin
der Messe.
Von Katzen
bis Pferde
10
04/2024
TITEL
TITEL
Durch seine Arbeit als Richter in sei-
ner Geburtsstadt kam Hermann Schul-
ze-Delitzsch in Berührung mit der
Armut der Handwerker. Delitzscher
Schuhmacher und Tischler litten unter
Massenfertigung in den Fabriken und
hatten mit enormem Preisdruck zu
tun. Sie konnten ihre Produkte kaum
noch verkaufen und wussten nicht
mehr, wovon sie leben sollten.
Als er 1848 linksliberaler Abgeordneter
in der Preußischen Nationalversamm-
lung wurde, suchte er nach politischen
Lösungen für das Problem: Die Schaf-
fung von Handwerkerbanken wurde dis-
kutiert. In dieser Zeit hatte er auch sei-
nen Namen mit dem seiner Heimatstadt
ergänzt, wohl auch, um dem häufgen
Namen Schulze etwas Unverwechselba-
res hinzuzufügen.
Doch so richtig gelang es dem Juristen
nicht, seine Idee durchzusetzen. Viel
Skepsis, ob die einfachen Menschen
überhaupt in der Lage seien, solche
wirtschaflichen Gemeinschafen erfolg-
reich zu organisieren, begegnete ihm
stattdessen. Doch so schnell wollte Her-
mann Hermann Schulze-Delitzsch nicht
aufgeben. 1849 gründete er in Delitzsch
mit den heimischen Handwerkern die
erste Tischler- und Schuhmacher-Asso-
ziation als Einkaufsgenossenschaf. Es
war die erste Genossenschaf Deutsch-
lands. Gemeinsam erstandene Rohstofe
erlaubte es den Handwerkern, günstiger
zu produzieren. Herrmann Schulze-
Delitzsch dachte aber noch weiter und
wurde so zum Begründer der Kreditge-
nossenschaf.
Schließlich war das größte Problem,
dass die Handwerker kaum Kapital hat-
ten. Vor dem Hintergrund waren auch
die Banken nicht willens, Kredite aus-
zureichen. Also gründete Schulze-De-
litzsch mit den örtlichen Handwerkern
am 10. Mai 1850 den „Vorschussverein“.
Die Idee dahinter: Aus eingezahlten Mit-
gliedsbeiträgen sollten günstige Kredite
gewährt werden. Zunächst funktionierte
das nicht. Die Mitgliedsbeiträge deckten
nicht einmal die Verwaltungskosten des
Vom Vorschussverein zur
stärksten Wirtschaftsorganisation
1849 wurde in der sächsischen Kleinstadt die erste Genossenschaft Deutschlands gegründet.
Von Hermann Schulze-Delitzsch, der diesen Namen aus Verbundenheit zu seiner Heimatstadt
annahm. Seine Genossenschaftsidee steht heute sogar auf der Unesco-Liste des immateriellen
Kulturerbes, hat all die Jahrzehnte, die politischen Wirren und Kriege überlebt. Oft wurde versucht,
den Genossenschaftsgedanken zurückzudrängen, aber verloren gegangen ist er nie.
Hermann Schulze-Delitzsch
gründete 1850 den Delitz-
schen Vorschuss-Verein,
welcher als Vorläufer der
Genossenschaftsbanken gilt.
Die 1874 in der „Gartenlaube“
erschienene Radierung von
Hermann Lüders zeigt ihn
bei einer Rede vor dem
Deutschen Reichstag.
Bild: Hermann Lüders/Die Gartenlaube via genossenschaftsgeschichte.info
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