aspekt_06_2024-ES
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06/2024
3
EDITORIAL
Was für ein Aufschrei in allen Medi-
en und auf allen Kanälen. Da hat eine
Gruppe gut betuchter junger Leute
auf der Insel der Reichen und Schö-
nen, auf Sylt, mehr oder minder be-
trunken in einer hippen Bar rechts-
radikale Parolen gegrölt. Soweit so
schlecht.
Aber wo kommt die Aufregung her?
Weil es keine Abgehängten aus Thürin-
gen oder Sachsen-Anhalt waren? Die
findet man selten auf Sylt.
Nein, weil es junge Leute waren, alle
wohlbegütert, weil sie durchweg aus
dem Westen kamen – kurz: sie passten
einfach nicht in das wohlkonstruierte
Schema der unzufriedenen Ossis, die
sich benachteiligt fühlen, die nie in
richtiger Demokratie sozialisiert wur-
den, die die Werte der Demokratie und
des Westens nicht verinnerlicht haben.
Man fragt sich, ob die Erstaunten,
oder diejenigen, die so tun, noch nie
in einer normalen Kneipe irgendwo
in Deutschland ohne Personenschutz
zugehört haben, was da diskutiert,
manchmal auch gegrölt wird. Da ist
es besser, nur die Gutmenschen zu se-
hen, die brav in inzwischen unerträg-
lichen Talkshows immer an der richti-
gen Stelle klatschen. Manch einer war
schon der Meinung, die würden dafür
bezahlt.
Die Stimmung in der Bevölkerung
ist auf einem Tiefpunkt. Und das nicht
nur im Osten. Hat eigentlich niemand
bemerkt, wo die Reichsbürger, die den
Staat stürzen wollen, ihre Wurzeln
haben, dass die Gründer der AfD al-
lesamt aus dem Westen kamen, dass
der unerträgliche Höcke ein im Wes-
ten sozialisierter und aufgewachsener
Lehrer ist?
Es war so einfach, einen Grund für
rechtes Denken zu finden. Die Abge-
hängten im Osten.
Doch das ist zu kurz gesprungen,
denn solches Gedankengut findet sich
inzwischen in allen Schichten und in
allen Teilen Deutschlands.
Vielleicht sind die Ossis lediglich
misstrauischer gegenüber wohlfeilen
Reden, denen keine Taten folgen. Viel-
leicht ist ihre Sensorik gegenüber Wer-
ten, die verkündet, aber nicht gelebt
werden, sehr viel feiner.
Immerhin hat man ihnen schon mal
40 Jahre lang was von Demokratie er-
zählt und anderes gemacht. Vielleicht
hätte man das Problem nicht mit dem
Stigma Osten abtun, sondern vielmehr
reflektieren sollen, was ganz sicher
falsch gelaufen ist. Selbstreflexion
nennt man das. Auch und gerade, weil
unser aller Grundgesetz 75 Jahre alt ist
und unbedingt zu einer gesamtdeut-
schen Verfassung umgewandelt wer-
den sollte.
Was hat das alles mit dem Thema
Bauen und Wohnen zu tun, mag viel-
leicht der eine oder andere denken.
Stimmt. Aber auch eine Gesellschaft
kann man aufbauen, und Wohnen ist
ein Menschenrecht. Deshalb:
Viel Spaß beim Lesen wünscht …
Rolf-Dietmar Schmidt
Chefredakteur und Herausgeber
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Rolf-Dietmar Schmidt
Rolf-Dietmar Schmidt
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Ein Aufschrei ohne Nachdenken
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