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05/2024
TITEL
Claudius Borgmann denkt bei all sei-
nen Entscheidungen gründlich nach,
analysiert genau die Umstände und
Bedingungen, bezieht eventuelle Pro-
bleme und Schwierigkeiten mit ein,
macht einen genauen Plan, eben wie
ein Ingenieur an eine Aufgabe heran-
geht. Das galt selbstredend auch für
diese Entscheidung, Unternehmer zu
werden.
Noch jung genug, auch wenn nicht
mehr ganz jung, das bewog ihn, statt
einer Unternehmensneugründung über
die Übernahme einer Firma nachzu-
denken. Auch die Branche stand dank
seiner fundierten Ausbildung fest, das
betriebswirtschafliche Knowhow hatte
er mit dem Studium der Betriebswirt-
schaf ebenfalls verinnerlicht. Kurz:
Ideale Voraussetzungen ein Unterneh-
men mit Perspektive zu fnden, das aus
Altersgründen des Vorbesitzers abzuge-
ben wäre.
Von allen Seiten war zu hören, dass
eine Vielzahl von Firmen zur Übergabe
bereitstünden. Das stimmt, aber dar-
unter genau die richtige zu fnden, ist
gar nicht so einfach. Wegen der Familie
sollte es schon im Umkreis von Mag-
deburg sein, die richtige Größe haben
und auch von der Mitarbeiterstruktur
passen. Immerhin bringt ein neuer In-
haber auch neue Ideen, Veränderungen
in den Abläufen und vieles andere mit.
Eine Belegschaf, die eventuell mit dem
alten Inhaber „mitgealtert“ ist, gewöhnt
sich nicht in jedem Fall schnell und
ohne Widerstände an den „neuen Be-
sen“, der angeblich so gut kehrt.
„Die Suche war alles andere als ein-
fach“, so Claudius Borgmann. „Ich habe
die Nachfolgebörsen gewälzt, die IHK-
Zeitschrif durchforstet, im Internet re-
cherchiert, aber bis ein Unternehmen
gefunden war, das meinen Vorstellun-
gen entsprach, das hat gedauert. Und
um ganz ehrlich zu sein: Es gehört auch
eine Portion Glück dazu, das Richtige
zu fnden.“
Claudius Borgmann hatte Glück. In
Gernrode im Harz, nicht ganz nahe an
Magdeburg, aber auch nicht zu weit,
fand er die Metallbearbeitungsfrma
von Dieter Frenkel, die seinen Vorstel-
„Ich würde es wieder machen ...“
Claudius Borgmann ist viel in der Welt herumgekommen. Der Diplom-Wirtschaftsingenieur
hat zuletzt vier Jahre lang als Geschäftsführer in einem amerikanischen Konzern der
Chemieindustrie gearbeitet. Mit Metallbearbeitung kennt er sich aus, hat in dieser Branche
gelernt. Doch nur auszuführen, was andere ihm sagen, das liegt ihm nicht. Er will selbst
gestalten, die Prozesse in der Hand behalten, Entscheidungen trefen. Da lag der Gedanke,
sich selbständig zu machen, nahe. Das Ergebnis heißt FREROtec KG Erodier- und Zerspa-
nungstechnik. Aber der Weg dorthin war nicht einfach ...
Kleine Firmen sterben leise. Die Gründe sind vielfältig, aber oft sind es gar nicht wirtschaftliche
Gründe, die zum Aufgeben zwingen, sondern schlichtweg das Alter. Wohl denen, die in ihrer Familie
jemanden haben, der die Firma übernehmen wird. Aber häufig ist das nicht der Fall. Dann ist die
Nachfolgeregelung ein Problem.
Die Generation der Macher, die zur Wende in Deutschland mutig und in den besten Jahren die Selb-
ständigkeit in die Hand genommen haben, sind inzwischen ergraut. Und es sind tausende Unter-
nehmen allein in Sachsen-Anhalt, die zur Übernahme anstehen.
Wer heute ein Unternehmen gründen will, sollte genau überlegen, ob es nicht vielleicht klüger und
einfacher wäre, einen Betrieb zu übernehmen. Vieles von dem, was bei einer Gründung mit großem
Aufwand geschafen werden muß, ist in einer etablierten Firma schon vorhanden.
Aufrufe und Netzwerke zur Unternehmensnachfolge sind wichtig und richtig. Überzeugender sind
aber vielleicht ein paar Beispiele. Einige davon sind auf dieser und den Folgeseiten zu finden.
ANSTOSS
ZUM
NACH-
DENKEN