05/2024
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EDITORIAL
Es fällt in diesen Zeiten nicht leicht,
Optimismus auszustrahlen. Krisen,
wo immer man hinschaut, schlechte
Stimmung, kaum Hoffnung auf Bes-
serung. Wenn die Hälfte des wirt-
schaftlichen Erfolges Psychologie ist,
wie manche behaupten, dann ist es
um Deutschland schlecht bestellt.
Betrachtet man die Wirtschafts-
struktur der Republik, dann sind zwar
die großen Namen der Automobil-
oder der Chemieindustrie ständig in
den Schlagzeilen, aber der Börsenin-
dex DAX beinhaltet gerade mal 40 Un-
ternehmen. Bis zum September 2021
waren es 30. Und das hat einen Grund.
Der Umsatz Einzelner macht nicht
die Wirtschaftskraft eines Landes
aus. In Deutschland gab es 2021 etwa
3,15 Millionen kleine und mittelstän-
dische Firmen, somit über 99 Prozent.
Damit wird schnell klar, wer das Brut-
tosozialprodukt erwirtschaftet. Die
kleinen und mittleren Firmen sind das
Rückgrat der Wirtschaft.
Allerdings:
Kleine
Unternehmen
sterben leise. Kaum jemand nimmt
Notiz davon. Doch inzwischen ist es
ein Massensterben. Die Politiker soll-
ten begreifen, dass man sich auch um
die Kleinen kümmern sollte, beispiels-
weise mit vorteilhaften Energiepreisen.
Die Gründe für jährlich Hunderte
und Aberhunderte Unternehmen in
Sachsen-Anhalt, die die Firmentür für
immer verschließen, sind vielfältig.
Gern konzentriert man sich auf die
Demografie. Dafür kann schließlich
keiner. Und tatsächlich ist es eine gro-
ße Zahl, die keinen Nachfolger findet.
Aber wie attraktiv ist es, sich mit aller
Kraft unübersehbar zu verschulden,
die Risiken einer Pleite und schlaflo-
se Nächte auf sich zu nehmen? Fach-
kräfte werden an allen Ecken gesucht.
60 oder 70 Wochenstunden arbeiten,
oder lieber eine Vier-Tage-Woche
lang? Geld ist nicht alles.
Zahllose Portale, Netzwerke, Ver-
bände und Kammern verkünden uni-
sono, wie Selbständigkeit glücklich
macht, wie wichtig die eigene Ent-
scheidungsfreiheit ist, die Selbstbe-
stimmtheit. Die das verkünden, waren
meist nie selbständig.
Trotzdem: Bei den Recherchen, und
das ist auf den Themenseiten zu lesen,
finden sich immer wieder Menschen,
die dieses Risiko eingehen. Ihnen ha-
ben wir eine Stimme gegeben, um da-
mit auch anderen Mut zu machen. Alle
haben übereinstimmend gesagt, dass
sie diesen Schritt zur eigenen Firma
immer wieder machen würden. Das
gilt übrigens auch für
Allerdings sind das alles Erfolgsge-
schichten. Gern hätten wir auch ge-
zeigt, wenn es jemand nicht geschafft
hat. Aber die wollten nicht. Es ist nach
wie vor offenbar eine Schande, ge-
scheitert zu sein. Und außerdem, das
hat Bertolt Brecht gesagt, sieht man
immer die im Licht, aber die im Schat-
ten nicht.
Viel Spaß beim Lesen wünscht …
Rolf-Dietmar Schmidt
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Die im Schatten sieht man nicht